(auszugsweise: Dr. Gabriele Niepel, entnommen "Der Hund" vom 09.01.2003)
Die chirurgische Kastration zielt auf die Entfernung der Gonaden (Keimdrüsen), z. B. Hoden oder Eierstöcke, um das Triebverhalten eines Tieres zu unterdrücken und die Fortpflanzung auszuschließen.
Zwischen der Kastration von Rüden und Hündin bestehen relevante Unterschiede, was den Operationsaufwand betrifft. Jener für den Rüden ist wesentlich geringfügiger, bei der Kastration der Hündin handelt es sich um eine Bauchoperation mit all ihren Gefahren wie Narkoserisiken, Abwehrrisiken im Bereich der Ligaturen (Ansammlung von Lymphe und Blut oder von Wundflüssigkeit), Fistelbildungen, Blutungen, Nahtdehiszenzen, Seronbildungen (Abschnürung von Blut- oder Lymphgefäßen), postoperative Verwachsungen und Infektionen.
Die chemische Kastration bewirkt die medikamentöse Ausschaltung der Geschlechtshormone und die Unterdrückung des Triebverhaltens.
Wer allen Ernstes behauptet, dass eine unkontrollierbare Fortpflanzung nur durch Kastration zu verhindern sei, der muss sich die Frage stellen, wie viel er von Hundehaltung und Hundeverhalten versteht.
Die Kastration bedeutet eine Amputation und steht, vom Gesetz hergesehen, damit in einer Reihe mit dem Kupieren von Ohren und Ruten. Die Rechtmäßigkeit von Kastrationen müssen im Einzelfall Gerichte prüfen.
Weitere Gedanken
Kastration macht dick und träge
Bei Rüden wie Hündinnen bleibt die Antwort auf die Frage, ob eine Kastration mit hoher Wahrscheinlichkeit dick macht, unentschieden.
Zusammengefasst kann man wohl nur folgendes festhalten: Es scheint so, dass nahezu die Hälfte der kastrierten Hunde mehr Hunger entwickeln. Wenn dem entsprochen wird, ist der Weg zur Gewichtszunahme nicht mehr weit. Aber auch ein direkter Einfluss der veränderten hormonellen Situation auf das Stoffwechselgeschehen ist denkbar- dafür spricht die Erfahrung mit vielen Hundehaltern, die ihre kastrierten Hunde sogar reduziert füttern und deren Hunde denn och an Gewicht zunehmen.
Eine Kastration macht nicht notwendig dick und faul - aber sie kann dazu führen.
Gedanken zur Frühkastration der Hündin
Es spricht nichts für eine Frühkastration von Hunden – weder bei Rüden noch bei Hündinnen. Denn der einzige Vorteil für die Hündinnen, der in der erwiesenen Reduktion des Mammatumorrisikos besteht, wird angesichts der gegebenen Wahrscheinlichkeit dieser Erkrankung und der möglichen Nachteile mehr als aufgehoben.
Und wer als Rüdenbesitzer glaubt, sein Rüde würde erst gar kein "lästiges" Rüdenverhalten wie Markieren, Streunen, Besteigen und Mackerverhalten gegen andere Rüden an den Tag legen, wenn er ihn vor der Pubertät kastriert, dem ist zu sagen, dass dieser Glaube leider in verschiedenen Studien widerlegt worden ist. Die Chance einer Verhaltensänderung zum Positiven ist nicht vom Alter bei der Kastration und der Dauer der gezeigten Verhaltensprobleme abhängig. Um diesen Befund erklären zu können, muss man die im Vergleich zur Hündin anders ablaufende hormonelle Entwicklung des Rüden berücksichtigen: Es ist keineswegs so, dass Rüden eben in der Pubertät den entscheidenden Testosteronschub bekommen, danach die oft unerwünschten männlichen Verhaltensweisen entwickeln, woraus dann der Schluss gezogen wird, man müsse den Rüden eben vor diesem Testosteronschub kastrieren, dann entwickelten sich die Verhaltensweisen erst gar nicht so dramatisch. Falsch!
Entscheidender pränataler Hormonschub
Zwischen der hormonellen Entwicklung von Hündinnen und Rüden gibt es einen zentralen Unterschied: Damit das Ungeborene sich zu einem weiblichen Tier entwickelt, bedarf es keiner vorgeburtlichen Bildung von ovariellen Hormonen. Die Ausprägung des Nervensystems hin zu einem weiblichen Wesen erfolgt sozusagen automatisch ohne Einwirkung von Geschlechtshormonen. Erfolgt kein Testosteronschub, entwickelt sich eine Hündin, erfolgt ein Testosteronschub, entwickelt sich ein Rüde. Nicht der Testosteronschub in der Pubertät gibt also den Anstoß für ihr Verhalten: Entscheidend ist der pränatale Hormonschub, der für die "Maskulinisierung" des Gehirns verantwortlich ist.
Rüden erhalten noch im Mutterleib und in den ersten Wochen nach der Geburt Ihren "Testosteronschub" der eben individuell unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Die vorgeburtliche Testosteronstimulation bedingt die Empfänglichkeit bestimmter Organsysteme für Testosteroneinwirkungen nach Eintritt der Geschlechtsreife. Später einschießendes Testosteron scheint Verhaltensweisen höchstens mit zu aktivieren/intensivieren. Das erklärt nicht nur, warum auch nach der Kastration hormonbedingte Verhaltensweisen wie das typische Urinmarkieren und das Aufreiten bei der Hälfte der Rüden erhalten bleibt. Es erklärt ebenfalls warum auch vorpubertär kastrierte Rüden typische geschlechtsspezifische Verhaltensweisen zeigen können, wie z. B.: Markieren mit erhobenem Hinterlauf, Imponiergehabe gegenüber anderen Rüden, Besteigen, ja sogar Deckakte.
Die Ergebnisse der Bielefelder Studie bestätigen andere Studien und zeigen zugleich:
Negative Verhaltensänderungen wie ·unsicher im Verhalten gegen über Artgenossen aggressiver gegen gleichgeschlechtliche Hunde ·aggressiver gegen Hunde im allgemeinen, ja sogar Aggression gegenüber Fremden, werden am häufigsten von den Haltern solcher Hunde als Folgen beschrieben, welche im Alter von unter sechs Monaten kastriert worden sind.
Hinsichtlich eines "besseren" Verhaltens bringt die frühe Kastration weder beim Rüden noch bei der Hündin Vorteile, sondern eher Nachteile. Und: Sie bringt Nachteile in Bezug auf die körperliche Entwicklung mit sich.
Kastration & Tierschutz
Sehr häufig beklagen sich Neubesitzer von Tierschutz- bzw. Tierheimtieren darüber, dass sie sich bei der Übernahme des Tieres lt. Schutzvertrag dazu verpflichten müssen, das übernommene Tier innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nachweislich kastrieren zu lassen, wenn dies nicht bereits durch den Tierschutz veranlasst wurde.
Von den hierdurch zusätzlich entstehenden Kosten, die je nach Tierart und Größe recht hoch sein können, mal ganz abgesehen, fühlen sich besonders die Käufer von Gebrauchshunderassen oft auf die Füße getreten und überdenken die Übernahme der Hunde mit negativem Ergebnis, weil sie „für den Sport“ aber auch für „ihr Image“ einen unkastrierten Hund haben wollen, was eigentlich totaler Blödsinn ist. Auch ein kastrierter Hund bringt seine Leistung, wenn er persönlich (vorhandenes Potenzial, entsprechender Trieb, Wesen, usw.) dafür geeignet ist und sich in den Händen eines guten Hundeführers befindet. Nicht jeder Dobermann oder Schäferhund ist z.B. für den IGP-Sport zu gebrauchen, nur weil er Vertreter dieser Rasse ist.
Tierschutz wird häufig falsch verstanden, aber auch falsch vermittelt und praktiziert.
Hier erst mal einige Hintergründe:
Zahlen und Fakten belegen, dass unsere Tierheime bis unter die Giebel mit Tieren voll gestopft sind. Nicht ganz unschuldig daran ist unsere Politik mit ihren diversen Landeshundeverordnungen, die ganze Rassen als s.g. Kampfhunde oder gefährliche Hunde einstufen und den Haltern, wie auch den Hunden das Leben zur Hölle machen. Die Kosten tragen Hundehalter und Tierschutz, die Länder und Gemeinden entziehen sich oft der Verantwortung!
Neuerdings sind zusätzlich Tiere betroffen, deren Halter ein minimales Einkommen haben und nicht mehr für die Kosten des Tieres aufkommen können. Diese Kosten gehen dann im Fall der Fälle auf den Tierschutz über.
Auch die Medien sind nicht ganz unschuldig daran. Es wurde eine Sendung im Fernsehen ausgestrahlt, in der ein bayerischer Rottweilermischling seinem Halter entzogen wurde, ohne triftigen Grund und ohne jeden Vorfall, wie der Besitzer in der Sendung erzählte. Hund und Halter wurden nach 1,5monatiger Trennung einem „Test“ unterzogen, wobei die Sachverständige, eine Polizistin, Dinge bemängelte, die jedem „normalen“ Hundehalter die Nägel zum Aufrollen bringt. Neugieriges Verhalten in der Öffentlichkeit ohne jede Andeutung von Aggression war Tabu, besonderer Mangel war das Lösungsbedürfnis des Hundes, der während seines Geschäftsvorganges nicht aufsprang und dem Ruf seines Menschen folgte. Ihr Kommentar: „Hund und Halter hätten keine Bindung“. (Ob sie wohl von der Toilette springt, wenn sie einer ruft???) Dann kamen noch Andeutungen bzgl. „SCHWARZER Hunde“.............! Ganz herzlichen Dank für diese informative Sendung, die so Manchen dazu veranlasst, die Straßenseite zu wechseln, wenn ein schwarzer, gefährlicher Hund kommt.
Auf das die Zwinger der Tierheime voll werden!!!
Zusätzlich werden Tiere, besonders Hunde, aus südlichen und östlichen Länden nach Deutschland importiert, um sie dort vor Qualen oder dem Tod zu retten. Dieser Grundgedanke ist zwar lobenswert, schießt aber am eigentlichen Ziel vorbei, da wir selbst genügend Tiere zu vermitteln haben. Viele von ihnen landen früher oder später im hiesigen Tierheim, weil die neuen Besitzer mit den meist misshandelten Tieren, die auch kein Leben in Haus und Familie gewohnt sind, nicht klar kommen. Besser ist hier Hilfe für die Tiere direkt vor Ort, was inzwischen auch teilweise schon organisiert wird. Eingeschlossen sind Kastrationen.
Mehr Katzen wie Hunde und andere Tiere bevölkern unsere Tierheime, weil es Katzen „wie Sand am Meer“ gibt. Dies ist auf die Nachlässigkeit und Ignoranz der Katzenbesitzer zurückzuführen, denen es egal ist, weil es ja NUR eine Katze ist. Die Tierschutzvereine sind diesbezüglich vollkommen überfordert, weil sie die Tiere stapeln müssen. In Frühjahr und Herbst herrscht die reinste Hochkonjunktur. Die Kastration ist hier absolut gerechtfertigt!
Es kann und darf nicht verallgemeinert werden, ob ein Tierschutzhund kastriert werden muss. Hier sollte der Verstand über dem Image stehen und alle Für- und Wider-Argumente betrachtet werden.
Zunächst einmal sollte man aber die Tierschützer anregen, sich mit der orientierten Hundezucht auseinander zusetzen, anstatt nur böse dagegen zu wettern und die weitere Überfüllung ihrer Tierheime zu befürchten. Viele von ihnen wissen nämlich gar nicht, was die Zucht bezweckt und welche Gründe dahinter stehen.
Wann ist die Kastration bei Hunden neben den oben genannten Gründen gerechtfertigt?
Ebenfalls begründet ist eine Kastration bei Vermittlung an Personen, die bereits Hunde haben und eine unkontrollierte Vermehrung vorauszusehen ist, denn wir wollen die Tatsache nicht von der Hand weisen, dass die Herkunft vieler Hunde mit einem ? versehen ist und bei weiterer Verpaarung enge Verbindungen entstehen, die im Vorfeld bereits mit diversen Erbkrankheiten belastet sind. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob solch eine unprofessionelle Hundehaltung gerdert werden sollte.
Wer also kein „richtiger“ Züchter ist, sollte die Finger davon lassen und keine Tiere produzieren, die später einmal im Tierheim landen.
Noch ein kleiner TIP:
Ein Tierschutz darf nur auf die Kastration bestehen, wenn er nach der Vermittlung auch weiterhin Eigentümer des Tieres bleibt. Wenn Sie also einen Tierheimhund aufnehmen möchten, achten Sie genau auf den Vertrag, den Sie unterschreiben. Bestehen Sie im Notfall darauf, dass Sie neuer Eigentümer werden, dann hat sich der Kastrationsparagraph erledigt.
Auszug aus dem Tierschutzgesetz § 6 (letzte Änderung vom 28.07.2014)
(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn
1. der Eingriff im Einzelfall
a) nach tierärztlicher Indikation geboten ist oder
b) bei jagdlich zu führenden Hunden für die vorgesehene Nutzung des Tieres unerläßlich ist und tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen,
3. ein Fall des § 5 Abs. 3 Nr. 2 bis 6 vorliegt und der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zu hutz anderer Tiere unerläßlich ist,
4. das vollständige oder teilweise Entnehmen von Organen oder Geweben erforderlich ist, um zu anderen als zu wissenschaftlichen Zwecken die Organe oder Gewebe zu transplantieren, Kulturen anzulegen oder isolierte Organe, Gewebe oder Zellen zu untersuchen,
5. zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.
Wer nicht verhindern kann, dass sich sein Hund unkontrolliert verpaart,
darf aus unserer Sicht keinen Hund halten, denn dann ist derjenige nicht als Halter geeignet!
Hündinnen
NEIN
Als Verhaltenskorrektur einer aggressiven Hündin, es sei denn, diese Aggressivität tritt ausschließlich und in unverhältnismäßigem Ausmaß nur in der Zeit der Läufigkeit / der Scheinschwangerschaft auf). Ansonsten ist die Kastration nicht nur nicht erfolgreich im Sinne einer Aggressionsminderung, sondern geradezu kontraproduktiv, besonders bei einer Angstaggression, denn anstatt das Problem zu beseitigen, nimmt die Angst in gewissen Situationen häufig zu.
Damit die Hündin ruhiger oder im Gegensatz aktiver werden soll, denn die Auswirkungen sind einfach nicht vorherzusagen, man kann das genaue Gegenteil von dem erzielen, was man eigentlich erreichen wollte
Prophylaxe gegen Mammatumore: Die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung daran rechtfertigt das Inkaufnehmen anderer gesundheitlicher Risiken nicht. Eine Risikominimierung besteht relevant nur bei Frühkastration, doch die Kastration vor der Geschlechtsreife birgt zu viele Risiken für dauerhafte Schädigungen dank fehlender Hormone. Tatsache ist, das sich der Krebs einen anderen Punkt sucht, wenn die Veranlagung gegeben ist oder umweltbedingte Einflüsse den Organismus schädigen. Und stellen Sie sich einmal die Frage, ob Sie sich selbst zur Vorbeugung amputieren lassen möchten.
Der Halter will weniger Unannehmlichkeiten in der Zeit der Läufigkeit haben: Abgesehen von der ethischen Berechtigung dieser egoistischen Gründe wird eine Kastration aus diesen Gründen vom Tierschutzgesetz auch nicht gedeckt. Du wer aus diesem Grund eine Kastration der Hündin bevorzugt sollte sich die Frage stellen, ob er nicht besser einen Rüden aufnimmt bzw. ganz auf einen Hund verzichtet.
Vermeidung ungewollter Trächtigkeit: Wer nicht in der Lage ist, einen Deckakt zu vermeiden, sollte sich die Frage stellen, ob er als Hundehalter überhaupt geeignet ist. Das gilt auch für den Umstand, wenn ein intaktes Pärchen im gleichen Haushalt lebt. Die Gedanken über eine ungewollte Trächtigkeit muss man sich machen, bevor ein zweiter Hund angeschafft wird. Jeder Halter eines Pärchen MUSS in der Lage sein, die beiden während der Hitzephase sicher zu trennen!
JA
bei Akuterkrankungen der Geschlechtsorgane, bei Diabetes mellitus und hormonell bedingten Ohrenerkrankungen (bei denen eine Allergie gegen Geschlechtshormone der Auslöser ist, kommt selten vor), bei wiederholten, ausgeprägten Scheinschwangerschaften der Hündin, die mit starkem Leidensdruck für diese einhergehen, bei extremem Aggressionsverhalten während der Zeit der Läufigkeit und anschließender Scheinschwangerschaft, bei Hündinnen, die das ganze Jahr so attraktiv riechen, dass sie permanent von Rüden belästigt werden und darunter leiden.
In diesen Fällen ist die Kastration ist immer noch unschädlicher für die Hündin als die Praxis der Läufigkeitsunterdrückung durch Hormonspritzen, da diese extrem krebserregend sind und häufig Gebärmutterentzündung verursachen.
Rüden
NEIN
bei Angstaggression, Jagen, Wachsamkeit. Wen die Wachsamkeit seines Rüden stört, dem wird durch eine Kastration auch nicht geholfen.
Bei aggressivem Verhalten gegen andere Hunde, das aus Angst geboren ist, ist nicht nur keine positive Veränderung zu erwarten, weil dieses Verhalten nicht unter Einfluss von Geschlechtshormonen steht. Zu befürchten ist gar eine Verschlimmerung, da nach einer Kastration eine Reihe von Hunden auch verunsichertes Verhalten zeigt, somit die Ursache der Aggression auch noch verstärkt wird. Wer aus der Praxis weiß, dass die meisten der vorgestellten Aggressionsfälle Hunde sind, deren Aggression auf Verunsicherung und Angst zurückzuführen ist, der wird sehr vorsichtig mit dem Vorschlag einer Kastration sein.
Ratschläge, nach denen bei "Dominanzaggression" der Hund als erstes zu kastrieren sei, danach könne man sich an die Umerziehung machen, sind mit Vorsicht zu genießen, Denn:
1. ist nur in wenigen Fällen eine verminderte Aggression gegen Familienmitglieder zu sehen, was auch kein Wunder ist: Ist die Aggression angstbedingt, kann sich nichts zum Positiven verändern. Hat man es tatsächlich mit einem Dominanzproblem zu tun, geht es primär um das Beziehungsgefüge Hund? und Halter und nicht um die Hormone des Hundes.
2. Häufig wiegen sich die Halter in falscher Sicherheit, meinen, mit der Kastration laufe automatisch dann schon alles in den richtigen Bahnen und man müsse sich nicht mehr an die anstrengende Aufgabe machen, sein eigenes Verhalten so zu verändern, dass der Hund neu ins Familienrudel eingefügt wird. Diese Einstellung kann dann natürlich fatale Folgen haben.
Das geschlechtsspezifische Verhalten eines Rüden führt nicht notwendig zu Problemen für sie selbst, für andere Hunde und/oder für ihre Besitzer. Werden sie einfach kastriert, weil man die geschlechtstypischen, sich im normalen Rahmen abspielenden Verhaltensweisen eben lästig findet, ist das ein überflüssiger und damit tierschutzrelevanter Eingriff.
Wenn ein Rüde auf dem Spaziergang direkten Kontakt mit einer hochläufigen Hündin hat und von der nur noch durch Anleinen wegzubekommen ist, so kann man kaum von Hypersexualität sprechen, die eine Kastration erfordert. Wenn ein Rüde im Erziehungskurs unkonzentrierter arbeitet, weil eine Hündin nach einem dreiwöchigen Aussetzen wegen Läufigkeit wieder mitmacht, so ist das auch noch kein Indiz für einen übersteigerten Sexualtrieb des Rüden.
Wenn ein extremes Aufreiten bei Hunden und/oder Menschen zu verzeichnen ist, insbesondere nach Eintritt der Geschlechtsreife, stehen die Chancen gut, dieses Verhalten zumindest zu vermindern. Allerdings sollte man schon sehr genau hinschauen, ob sich der Rüde "nur" sexuell abreagiert oder ob es sich um eine gezielte Geste seinem Menschen gegenüber handelt, wenn der Rüde vor allem bei seinem Besitzer aufreitet. Da sind Korrekturen in der Mensch-Hund-Beziehung eher angebracht als das ausschließliche Verfolgen der "medizinischen Lösung".
JEIN
bei Rüden, die ständig aufgeregt und kaum ansprechbar sind, weil sie nicht nur auf wirklich läufige bzw. auf Hündinnen reagieren, die ihre Stehtage haben, sondern von jedem "Rockschoß" magisch angezogen werden, das Futter verweigern, nur noch jammern, nächtelang jaulen, an der Leine nicht mehr zu bändigen sind und nach dem Ableinen sofort auf und davon sind.
Diesen Rüden kann/sollte man ihr Dasein zunächst mittels chemischer Kastration erleichtern und testen, ob sich das Verhalten ändert. Eine chirurgische kann bei angezeigtem Erfolg noch immer erfolgen.
Läuft der Rüde im selben Kurs nahezu andauernd mit ausgefahrenem Penis herum, hechelt unablässig, stiert den `Mädels` nach und nutzt jede ihm sich bietende Gelegenheit, die - nicht läufigen - Hündinnen zu belästigen, so sollte man über eine Kastration nachdenken. Und zwar nicht, weil man selber einfach genervt ist, sondern weil in diesem Fall davon auszugehen ist, dass der Rüde wirklich Leidensdruck hat. Man sollte jedoch nicht erwarten, dass sich das Verhalten sofort gibt. Hopkins u.a. (1976) haben in ihrer Studie herausgefunden, dass im Falle der Rüden, bei denen die gewünschte Veränderung eintrat, sich diese Veränderung nur bei der Hälfte bald nach der Kastration zeigte, bei der anderen Hälfte kam es zu einer schrittweisen Abnahme über die Zeit hinweg. Bedenkt man, dass der Testosteronspiegel innerhalb von sechs bis acht Stunden nach der Kastration auf kaum noch messbare Werte sinkt (Hart / Hart, 1991), so wird allein daran deutlich, dass Testosteron offenbar nicht die alleinige Einflussgröße auf das Verhalten der Rüden ist!
Urinmarkieren im Haus kann durch eine Kastration günstig beeinflusst werden weniger das Markieren im Freien. Bei Hunden, die im eigenen Haushalt markieren sollte man jedoch die Frage nach der Rangordnungsbeziehung zwischen Mensch und Hund als erstes angehen!
JA
bei körperlichen Erkrankungen wie Hodentumoren, Analtumoren, Prostataerkrankungen, Kryptorchismus, persistierende (nicht ausheilende) Vorhautentzündung.
Bei Rangordnungsauseinandersetzungen zwischen zwei "intakten" Rüden,die im gleichen Haushalt leben, ist die Kastration oft das letzte Mittel, um ein weiteres Zusammenleben zu ermöglichen. Voraussetzung ist aber, dass man den richtigen kastriert, also den, der nach reiflicher Beobachtung und Erwägung aller Fakten als jener eingeschätzt werden kann, der eher für die nachrangige Position taugt. Kastriert man den mental und physisch stärkeren, wird die Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit eskalieren. Parallel muss in der ersten Zeit nach der Kastration auch eine Verhaltenstherapie durchgeführt